Mit dem VW 411 wollte Wolfsburg auch die Käufer erreichen, die keinerlei Ambitionen zeigten, sich den Käfer zuzulegen. Dies gelang dem Passat-Vorgänger nur mäßig, in sechs Produktionsjahren fanden nur 367.728 Exemplare einen neuen Besitzer.
Volkswagen hätte zum Produktionsbeginn 1968 durchaus etwas moderneres als den luftgekühlten Boxermotor im Heck liefern können. Doch tat sich der Konzern in den Jahren unter Nordhoff als Chef schwer, zeitgemäßeres zu entwickeln, verkauften sich doch Bully und Käfer mit eben diesem Antriebskonzept ausreichend gut. Um jedoch im Konkurrenz-Vergleich ausreichend Kofferraum anbieten zu können, musste der Vorderwagen lang geraten – was der kritische Volksmund sogleich als „Nasenbär“ entlarvte.
Unter dem dank Ausschäumung und fehlenden Innenkotflügeln extrem rostfreudigen Blechs litt der VW 411 stets und schwer. Die ohnehin nur mäßige Beliebtheit und der starke Wertverlust sorgte dafür, dass aus defekten Gebrauchtwagen schnell in den VW-Bus 411 Motoren gelangten und auch in den 914-Volkssportwagen von VW und Porsche 411-Aggregate Einzug hielten. Zudem waren die VW-Werkstätten oft mit der Benzineinspritzung vom Typ Bosch D-Jetronic in den 411 E und 412 E überfordert. Die Verbräuche standen ohnehin jenseits von gut und sehr nahe bei böse, 12,5 Liter durften es immer sein, mit Automatik standen auch derer 14 ohne weiteres an. Immerhin waren die Motoren komplette Neukonstruktionen, die nicht mehr unter den Käfer-Problemen mit der Kühlung litten, jedoch höheren Dauerleistungen auch nicht gewachsen waren. Im Jahr 2001 belief sich der deutsche Fahrzeugbestand beim Typ 411 auf geringe 113 Zweitürer, 138 Viertürer und 299 Variant, im ganzen also nicht als 550 Fahrzeuge.
Bei der 411 Karosserie bestand die Wahl zwischen zwei- und viertürigen Limousinen mit Schrägheck, sowie ab 1969 dreitürigen Kombis, die wie beim VW Typ 3 als „Variant“ bezeichnet wurden. Letztere machten etwa 50 Prozent der Gesamtverkaufszahlen aus. Aufgrund hoher Entwicklungskosten konnte VW keinen dem Trend entsprechenden fünftürigen Kombi anbieten, was sich ab dem Passat jedoch änderte. Innen wies der VW 411 eine Standheizung, da der Motor nicht genügend Wärme abgab, Frischluftgebläse Scheibenbremsen vorne, eine hydraulische Kupplung, Rückfahrscheinwerfer, ab ’69 H1-Halogenscheinwerfer, Gürtelreifen und Stoffsitze auf. Das bessere L-Modell verfügte zudem über Zeituhr, Veloursteppiche, Liegesitze und mehr Chromzierteile. Als gern genommene Optionen erwiesen sich vordere Kopfstützen, Sicherheitsgurte und eine einstellbare Zeitschaltuhr für die Standheizung oder die Heckscheibenheizung.
Unter der maladen Hülle zeigte sich der VW 411 wie auch das Faceliftmodell VW 412 mit aufgebohrtem Vergaser-Motor erheblich moderner. Vorn kam eine Querlenkerachse mit McPherson-Federbeinen zum Einsatz, hinten eine Schräglenkerachse an Schraubenfedern. Dass die Scheibenbremsen und Trommeln von je 281 mm Durchmesser erst auf Kundenwunsch einen Bremskraftverstärker erhielten, erscheint heute seltsam, war aber zu der Zeit üblich. Nachdem die Luftkühl-Ära bei den VW-Pkw mit Einstellung des 411/ 412 im Jahr 1974 ein Ende fand, zeigten Golf 1 und später der Jetta, dass Autos aus Wolfsburg den Motor auch vorne tragen können.
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