„There’s no replacement for displacement“, oder wie der deutsche Volksmund weiß „Hubraum ist durch nicht zu ersetzen. Außer mehr Hubraum“. Carl Benz als Mann des Volkes wusste das natürlich und schickte sich an, ein Zeichen zu setzen.
Daimler-Benz existierte zu Jahresbeginn 1909 noch lange nicht, als der Vorstand der Benz & Cie entschied, nicht nur den Erzkonkurrenten Darracq aus Frankreich zu überflügeln, sondern gleich alle bestehenden Geschwindigkeitsrekorde zu egalisieren, auch die von Flug- und Schienenfahrzeugen. Dazu wurde flugs der Grand-Prix-Rennwagen seines Motors beraubt. Diesem Reihenvierzylinder wurde der Hubraum auf satte 21.504 ccm vergrößert, was ein sehr frühes Mercedes Tuning darstellt. Das resultierte in der damals geradezu unerhörten Leistung von 200 PS und angesichts des Volumens gering erscheinenden 353 Nm Drehmoment. Die hohen bewegten Massen des Zweiventilers waren für die dazugehörigen geringen Drehzahlen von 1.600 bzw. 1.000 Touren verantwortlich.
Der Blitzen Benz schaffte am 8. November 1909 auf der legendären Strecke von Brooklands den Kilometer mit fliegendem Start mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 202,648 km/h. Der noch als Benz 200 PS bezeichnete Rekordbrecher – erst ein späterer amerikanischer besitzer schuf den namen „Blitzen Benz“ – war jedoch zu schnell für europäisches Geläuf. So ging es zu den geeigneten Strecken in die USA. Dort trat der ehemalige Buick-Pilot Bob Burman als Werksfahrer an und brannte am 23. April 1911 in Daytona Beach auf der fliegenden Meile eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 225,65 km/h in den Sandstrand. So war das damals. Der große aufgemalte Reichsadler flog auch nicht davon, als Burman den fliegenden Kilometer mit 228,1 km/h absolvierte. Dieser neue Landgeschwindigkeitsrekord hatte bis 1919 Bestand. Für den Benz Patent Motorwagen und seine Stallgefährten konnte Werbung nicht besser sein.
Der Blitzen Benz wies wie der heutige Mercedes Benz AMG SLS alles auf, was schnell macht: aerodynamische Karosse, viel Leistung, wenig Gewicht. Letzteres hätte noch geringer ausfallen können, wäre nicht der Beifahrer nötig gewesen, um die Benzinpumpe mit der Hand zu bedienen. Die schwachen und nur an der Hinterachse montierten Innenbackenbremsen und die Außenbandbremsen auf der Zwischenwelle würden heutige TÜV-Prüfer und Rennfahrer an die Decke gehen lassen, die selbstredend fehlenden Gurte sowieso. Auch der offene Kettenantrieb auf die Hinterräder war nur was für ganze Kerle, wie Verbrennungsmotoren sowieso. Elektroautos wie das von Oma Duck galten damals schon als Frauenfahrzeuge. Wer also als knallharter Rennfahrer posieren will, geht ins Mercedes Benz Museum und stellt sich dort vor die Granate. Ob Mercedes SLR oder eben der SLS in 100 Jahren noch für Aufsehen sorgen?
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