Mit dem Opel GT schickten sich die Rüsselsheimer an, problemlose Großserientechnik mit amerikanischen Coke-Bottle-Design zu kombinieren. Das Ergebnis: Während bei VW der Käfer noch läuft und läuft und läuft, bricht im Licht des Blitzes schon die Luftfahrt an: „Nur Fliegen ist schöner!“ titelte die Werbung. Und behielt recht.
Woran erkannt man den Opel GT Fahrer? Am rechten Popeye-Arm. Der erledigte nämlich mit kräftigem Zug am Hebel das Öffnen und Schließen der Scheinwerfer. Das Zugsystem stellt leider gleichzeitig eine der Achillesfersen des Opel GT 1900 wie auch des schwächeren GT 1100 dar, Frontalunfälle ziehen das Gestänge schnell in Mitleidenschaft. Das interessierte die Kundschaft
des Sportwagens allerdings nicht, sie gab dem formschönen Coupe die Sporen, gerade jenseits vom Atlantik: Über die Hälfte der 103.463 produzieren Opel GT gingen in US-amerikanischen Besitz über. Die Fahrer bekamen Chevrolet Corvette-Optik zum kleinen Preis und mussten im Zweifelsfall nicht einmal General Motors untreu werden, handelte es sich um eingefleischte GM-Fans. Frankophile konnten sich indes an der bei Brissoneau & Lotz produzierten Karosserie erfreuen.
Zuverlässsige Großserientechnik? Aber ja, der Opel GT 1900 hatte sie. Der Opel Rekord C spendierte den 1,9 Liter-Vierzylinder mit 90 PS, der höhere Zylinderkopf forderte jedoch Tribut, der ihm in Form einer Wölbung auf der Motorhaube gezollt wurde. Die Front-Mittelmotor-Bauweise sorgte für gute Gewichtsverteilung. Der kleinere Kadett B steuerte Fahrwerk und Bodengruppe bei. Das bedeutete wie bei der Corvette eine vordere Einzelradaufhängung mit Querblattfeder, hinten allerdings eine Starrachse; das amerikanische Vorbild federte auch hier unabhängig. Per Viergangschaltung oder Dreigang-Automatik fand die Motorkraft zu den 13 Zoll Rädern. Heckantrieb beim 940 bis 960 kg leichten Sportwagen war natürlich Ehrensache, an Frontfräsen dachte man beim Blitz noch nicht einmal.
Absolut nicht üblich waren Opels Crashtests beim GT: Das Coupe hatte einen Frontalaufprall von 50 km/h zu absolvieren, und wies schließlich, was zu jener Zeit noch viel ungewöhnlicher war, prangte nicht gerade der Stuttgarter Stern auf dem Kühler, eine weitestgehend unverformte Fahrgastzelle auf. Hut ab! Zur Vermeidung derartiger Beweise erhielt der Opel GT 1900 vorn 238 mm Scheibenbremsen, hinten verrichteten acht Millimeter kleinere Trommeln ihren Dienst. Opel tat gut daran, sprintete der GT 1900 doch in damals flotten 11,5 Sekunden handgeschaltet auf 100 und hörte erst 85 spätere Stundenkilometer mit dem Vortrieb auf. Dabei flossen mindestens 12,5 Liter Super durch den Solex-Register-Vergaser, was zur Markteinführung 1968 keine langen Gesichter auslöste, zur ersten Ölkrise einige Jahre danach allerdings für wenig Freude sorgte.
Natürlich fanden sich, wie vom Marketing beabsichtigt, vor allem junge Männer in der Kundschaft. Und wenn diese ihren Opel GT 1900 für zu langsam befanden, quetschten sie in späteren Jahren 2,2-l- oder 2,4-l-Maschinen aus den größeren Opel Rekord oder Omega, Einspritz-Motoren vom Manta oder Ascona sowie 5-Gang-Getriebe verschiedener Modelle in den engen Maschinenraum. Tatbestand: Ganz klassisches Opel Tuning dank Baukastensystem. Den schwächlichen GT 1100 mit 60 PS und 155 Spitze wollte ohnehin kaum jemand haben. Wem die sportliche Optik, die besonders die corvette-typischen doppelten Rundleuchten am Heck mit Abrisskante lieferte, nicht ausreichte, konnte in den späten 70ern und 80er-Jahren aus dem Vollen schöpfen. Heute muten brachiale Karosserie-Verbreiterungen eher skuril an, vor allem wenn sie wie von Spezialist Lumma mit Flügeltüren kombiniert werden. Flügeltüren? Klar, nur Fliegen ist ja bekanntlich schöner.
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